Mit dem Einzelzeitfahren in Schwarmstedt übernahmen die deutschen Fahrer das Kommando bei der Tour. Mit einer eindrucksvollen Demonstration seiner Form deklassierte Straßen-Nationalfahrer Andreas Klöden (Berlin) die Konkurrenz bei kühlen Temperaturen und zeitweiligem Nieselregen und übernahm das gelbe Trikot von McRae. Der zweitplazierte Robert Bartko mußte schon einen Rückstand von 31,6 Sekunden Rückstand auf den 23jährigen schlucken, der ab dem 1.Mai für das Team Telekom starten wird, und schon bei der Normandie-Rundfahrt seine Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt hatte. Andreas Walzer, Daniel Becke und Grischa Niermann komplettierten auf den nächsten Plätzen die deutsche Phalanx.
Mit einem Eklat endete der zweite Abschnitt des dritten Rundfahrttages. Auf dem mal wieder von tausenden von Zuschauern gesäumten Rundkurs in Bückeburg "krönten" die Aktiven ihre Bummelfahrt im zweiten Teil der Etappe und stiegen drei Kilometer vor dem Zielstrich komplett von den Rädern. Erst ein energisches Intervenieren von UCI-Kommissär Vladislav Buchta (Polen) konnte die Fahrer dazu bewegen, ins Ziel zu fahren und zumindest einen pro-forma Sprint auszufahren. Ein Affront und Schlag ins Gesicht der Zuschauer, dessen Vorgeschichte unterschiedliche Interpretationen zuließen. Bis Rennkilometer 70 hatten die Fahrer bei erneut widrigen und wechselnden Wetterverhältnissen durchaus "Dampf" gemacht; zeitweise sogar das Peleton auf der Windkante komplett gesprengt. Dann jedoch kam nach dem Zusammenschluß im Tross das Gerücht auf, der Veranstalter würde angesichts der angeblich passiven Fahrweise Überlegungen anstellen, die Tagesprämien einzubehalten bzw. zu kürzen. Angeführt von Festina und Amore & Vita reagierten die Fahrer mit Trotz und fügten dem Image des Radsports sicherlich nicht unerheblichen Schaden zu. Eine Aktion, die im Übrigen auch im Fahrerlager offensichtlich umstritten war. Öffentlich wollte niemand dazu Stellung nehmen, doch unter der Hand machte sich deutlicher Unmut auch im Fahrerlager breit. "Eine Sauerei, was sich einige Mannschaften hier rausnehmen. Normalerweise müßte da knallhart vom Veranstalter durchgegriffen und bestimmte Fahrer nach hause geschickt werden", äußerten verschiedene Mannschaftsleiter ihr Unverständnis. Das Spitzenreiter Klöden, der selbst auch in vorderster Reihe bei der letzten Zieldurchfahrt demonstrativ "bremste", auf den letzten tausend Metern stürzte, und arg lädiert ins Ziel kam, ging im allgemeinen Tobuwabohu fast unter.
Michael Kramer